Die Natur darzustellen, scheint eine leichte, ja selbstverständliche Inspiration. Die visuelle Treue, die der Erfahrung der Augen folgt, erliegt auf dem Weg zur weißen Oberfläche von Papier und Leinwand jedoch nur allzu leicht der Versuchung, das Geschaute im Spiegel subjektiver Befindlichkeiten und Intentionen zu brechen. Eine bloß mimetische Abschilderung des Wahrgenommenen genügt dem künstlerischen Ingenium zumeist nicht; ein individualisierendes Moment muss schöpferisch hinzutreten, um die Wahrnehmung im Kunstwerk zu edeln.

Angelika Jelichs Bilder sind Dokumente eines langen Schauens, das die aufgenommenen Bilder der Natur auf der sensiblen Netzhaut der Seele zu unverwechselbaren Impressionen künstlerischen Wollens und Fühlens macht. Wenige Pinselstriche genügen ihr, um fotographische Vorlagen zu Abbildern einer spontanen, der unmittelbaren Eingebung folgenden Lust an Veränderung und Modifikation des Ausgangsmotivs zu machen.

Auf einem “Waldstück am Wasser” akzentuiert die Künstlerin die vorgegebenen Lichtverhältnisse, indem sie die eindringenden Sonnenstrahlen in fast blendender Helligkeit zur zentralen Lichtquelle erhebt und ihnen fast eine visionäre, unirdische Qualität verleiht: Die dunkeltonige Baumkulisse in fast bühenwirksamer Theatralik ins rechte Licht rückend, duchbrechen sie die Landschaft, um die beschatteten Farben des Waldes aufscheinen zu lassen, Reflexe im brakigen Wasser zu setzen und dem Szenario die Erwartung eines Nahenden, Künftigen, zugleich aber auch Unbestimmbaren zu suggerieren.

Diese Kraftquelle des Unausgesprochenen, die einerseits belebende, andererseits aber auch bedrohliche, manchmal sogar apokalyptische Aspekte zeitigen kann, bestimmt die eigenwilligen Kompositionen der “mystics”, elementare Naturstudien, Urlandschaften gleich, in denen die Elemente noch um die Vorherrschaft ringen – unentschieden, wer dem anderen das Primat einräumen soll.

Wo die Motive der wahrgenommenen Natur zum Vehikel spontaner Emotionalität werden sollen, entledigen sie sich ihres unmittelbaren Kontextes und erhalten eine zeichenhafte Funktion.

Die überdimensionierten Blütendolden der “Feelings” beherrschen in signalfarbiger , fast berstender Naturkraft die hellfarbenen Leinwände, auf denen sich die Umgebung – das Beet, der Garten, die Wiese – auf eine bloße Andeutung beschränkt.

Die Spontanität des Pinselauftrags, der oftmals einem bloßen Hintupfen gleicht, ist dabei Ausdruck eines unverfälschten Gefühls: Die gemütfeindliche, sondernde und wertende ratio soll offenbar der spontanen Sichtweise von Natur, der emotionalen künstlerischen Entäußerung, nicht hindernd im Wege stehen: Je zügiger die Hand den Pinsel führt, um so authentischer ist die dargestellte Natur als Widerschein des Gefühlten.

Die “Sign of Nature” reflektieren – in dynamisierender Energetik, einerseits, in lastender Schwere andererseits – subjektive Seelenzustände, in denen die florale Welt nur noch Anlass und Ausgangspunkt ist.

Es ist nur folgerichtig, wenn Angelika Jelich die Auflösung der Bildkonturen bis zur vollkommenen Abstraktion vollzieht, die Naturphänomene in atmosphärische Seelenlandschaften auflöst, in denen nur noch die Farben an die wahrgenommenen, verinnerlichten Topographien erinnern.

Die breit aufgetragenen, langgezogenen einander durchdringenden Pinselstriche verwischen die Erinnerungen an das Gesehene und verdichten sich zu autarken, der Ungegenständlichkeit verpflichtenden Farbräumen, in denen die assoziative, symbolische Kraft der Farben das Psychogramm ihrer Auswahl und Verwendung erahnen lässt.

Der Auflösung der Landschaft in Farbe und Form erfährt im Oeuvre von Angelika Jelich durch eine Übertragung auf die textile Struktur des Gewebes noch eine spezifische Aufwertung: Die Erinnerung an flämische und französische Tapisserien und Gobelins heraufbeschwörend, damit die auratische Kraft der Tradition nutzend, entdecken diese Arbeiten ein überliefertes Medium für eine zeitgenössische Kunstsprache neu.

Auf dem Faltenwurf des Stoffes dynamisiert sich das impressionistische Spiel von Licht und Schatten: Die – im wahrsten Sinne des Wortes – Blumen-und Blütenteppiche scheinen sich die spröde Materialität des Grundes anverwandeln zu wollen, um ihn zu rhythmisieren und zum Ausdrucksträger der überbordenden, alles vitalisierenden Fülle der Natur zu machen.

Im Kaleidoskop künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten reichen Angelika Jelichs Annäherungen an die Themenvielfalt der Natur von artifizieller Verfremdung zu Reduktion auf einen wiederkehrenden Motivkanon, von zeichenhafter Stilisierung zu vollkommener Abstraktion.

Diese Bandbreite dokumentiert eine kontinuierliche, unterschiedlichen Schaffensperioden verhaftete Auseinandersetzung mit dem topos Natur im Medium der Kunst als Reflex temporärer Befindlichkeit und Spiegel der Seele.

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